Neuburger Rundschau - 30. April 2016
Eine Nixe für London
Lisa Königsbauer ist erst die sechste Athletin des TSV Neuburg, die an einer Europameisterschaft teilnimmt. Wie sich die 17-Jährige darauf vorbereitet und welches Ziel sie bei ihrem Debüt in England verfolgt
Von Dirk Sing
Harte Arbeit im kühlen Nass: Die Neuburger Donaunixe Lisa Königsbauer trainiert sechsmal wöchentlich im Neuburger Parkbad. Selbst am Samstagfrüh springt die 17-Jährige ab 7.30 Uhr ins Wasser, um an ihrer Technik zu arbeiten. - Foto:Privat
Wenn Barbara Rauscher über ihren Schützling spricht, gerät sie regelrecht ins Schwärmen. "Es gibt viele Kinder und Jugendliche, die mit Talent gesegnet sind", sagt die Synchronschwimm-Abteilungsleiterin des TSV Neuburg. Dazu zähle auch Lisa Königsbauer. Dennoch nimmt Rauscher, die bereits seit nunmehr 24 Jahren als Fachwartin des Bayerischen Schwimmverbandes fungiert und sich daher auch ein fundiertes Urteil erlauben kann, eine kleine, aber doch feine Unterscheidung vor. "Lisa ist nicht nur talentiert - sie ist auch enorm ehrgeizig! Und genau das zeichnet sie aus", erklärt Rauscher.
Sechsmal wöchentlich (täglich außer Sonntag) trainiert, ackert und schwitzt die 17-Jährige im und neben dem Schwimmbecken des Neuburger Parkbades für ihr "absolutes Lieblingshobby". Selbst am schulfreien Samstag schlüpft Königsbauer zu einer Zeit, in der sich die meisten ihrer Mitschüler nochmals in ihren Betten umdrehen, aus den Federn, um im Parkbad weiter an ihrer Kraft, Technik oder auch Kür zu arbeiten. "Samstagfrüh steht uns Synchronschwimmern das gesamte Becken von 7.30 bis 9 Uhr zur Verfügung. Gerade aufgrund der Tatsache, dass der Zeitpunkt alles andere als 'schülerfreundlich' ist, muss man Lisa und den anderen Mädels ein großes Kompliment machen", sagt Melanie Eubel, die das derzeitige Aushängeschild des TSV Neuburg bereits seit 2012 unter ihren Fittichen hat. Auch sie findet freilich nur lobende Worte: "In all diesen Jahren musste ich Lisa kein einziges Mal im Training antreiben. Es ist einfach faszinierend zu sehen, welchen Ehrgeiz sie sowohl bei jedem Training, als auch Wettkampf an den Tag legt. Diesbezüglich ist sie natürlich auch für unsere ganz jungen Schwimmerinnen ein großes Vorbild."
Eine Neuburgerin mit dem Bundesadler auf der Brust: Lisa Königsbauer vertritt die deutschen Farben bei der Europameisterschaft am 12. Mai in London. - Foto:Privat
Den verdienten Lohn für ihre harte Arbeit fuhr die Fachoberschülerin dann vor rund zwei Wochen ein. Beim Vorbereitungslehrgang zur Europameisterschaft (9. bis 22. Mai in London) im Olympia-Stützpunkt Rhein-Neckar in Heidelberg bekam Königsbauer den Zuschlag, die deutschen Farben tatsächlich bei der anstehenden EM in der Kombination (ein Mix aus Solo, Duett und Gruppe, wobei Königsbauer in letzterer startet) zu vertreten. Für die Neuburger Donaunixe zweifelsohne der "bisherige Höhepunkt meiner Karriere. Bei einer Europameisterschaft zu starten, ist schon eine große Auszeichnung und Ehre". Gleichzeitig aber auch eine Würdigung ihrer tollen Leistungen von Bundes-Honorar-Trainerin Stella Mukhamedova, die seit 2016 im Amt ist und mit der Königsbauer trotz der hohen Ansprüche, die die gebürtige Kasachin an die Aktiven stellt "sehr gut" zurechtkommt. "Natürlich sind Stellas Ansprüche an uns schon recht hoch. Aber letztlich ergibt das Ganze ja auch Sinn."
Denn letzten Feinschliff für die europäischen Titelkämpfe holen sich Königsbauer und ihre Teamkolleginnen ab kommenden Montag bei einem mehrtägigen Lehrgang in Übach-Palenberg, ehe es dann am Donnerstag mit dem Flugzeug nach London geht. Im Gepäck ist dabei - neben den üblichen Utensilien - freilich auch eine Menge Vorfreude, Anspannung, Ungewissheit ("Ich weiß überhaupt nicht, was da auf mich zukommt") sowie sicherlich auch ein (ganz normaler) Schuss Nervosität.
Rund eine Woche hat die EM-Debütantin, die nach Claudia und Angela Pogadl, Renate und Birgit Luba sowie Cornelia Libal erst die sechste Nixe des TSV Neuburg ist, die an einer Europameisterschaft teilnimmt, die Gelegenheit, sich an das gesamte Umfeld und Ambiente vor Ort zu gewöhnen. Und Letzteres hat es wahrlich in sich: Geschwommen wird im "London Aquatic at Queen Elizabeth Olympic Park" - eine Wassersport-Arena (Kosten: 232 Millionen Pfund) mit zwei 50-Meter-Becken, einem 25-Meter-Becken und einer Sprunganlage, die bei den Olympischen Spielen 2012 genutzt wurde und damals 17500 Zuschauern auf der Tribüne Platz bot.
Der große Auftritt mit dem Bundesadler auf der Brust folgt dann am Donnerstag, 12. Mai. Auch wenn eine Medaille - realistisch betrachtet - außerhalb jeglicher Reichweite liegt (Rauscher: "Nationen wie Russland, Ukraine, Spanien und Italien sind das Non-plus-Ultra im Synchronschwimmen."), hat sich das Team um Lisa Königsbauer eines fest vorgenommen: "Wir wollen einfach nur unser Bestes geben und den Auftritt genießen. Welche Platzierung letztlich herauskommt, wird man dann sehen."
Am Ende der Entwicklung sieht Barbara Rauscher ihre "Vorzeige-Donaunixe" damit allerdings "bei weitem noch nicht angekommen". Mit den Weltmeisterschaften 2017 in Budapest sowie 2019 in Perth nennt die TSV-Spartenleiterin zwei weitere hochkarätige Veranstaltungen, die für Lisa Königsbauer ein durchaus realistisches Unterfangen seien. "Sollte Lisa genau so weitermachen wie bisher, traue ich ihr eine Teilnahme an diesen beiden Bewerben absolut zu." An Ehrgeiz und Fleiß wird es dabei bei der sympathischen Neuburgerin sicherlich nicht mangeln.